Die Quandts by Jungbluth Rüdiger

Die Quandts by Jungbluth Rüdiger

Autor:Jungbluth, Rüdiger [Jungbluth, Rüdiger]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Unternehmer, Susanne Klatten, Stefan Quandt, Familiendynastie, BMW, Entrepreneurs, dynasty, Kapitalisten, Industrielle, Geschäftsinhaber, Fabrikbesitzer, Fabrikanten, Betriebsinhaber, Arbeitgeber
Herausgeber: Campus Verlag
veröffentlicht: 2015-09-09T16:00:00+00:00


Kapitel 11

Die Rettung von BMW

Herbert Quandt beginnt ein neues Leben

Was sich am 9. Dezember 1959 in der Münchner Kongresshalle abspielte, war ohne Zweifel die denkwürdigste Aktionärsversammlung in der Geschichte der deutschen Wirtschaft. Der dramatische Ablauf dieser Hauptversammlung, die in einer Art von Aktionärsputsch gipfelte, ist nur zu verstehen, wenn man weiß, mit welcher Liebe das konservative bayerische Bürgertum damals an BMW hing. Die Motorrad- und Automobilfirma war eine Institution, deren Aktien unter alteingesessenen Münchner Familien weit gestreut waren. Die Papiere galten als Tafelsilber, das nur vererbt, aber nicht verkauft werden durfte.

Dabei war die BMW-Aktie allerdings schon längere Zeit keine solide Anlage mehr. Als die Aktionäre an diesem Tag zusammenkamen, befand sich das Unternehmen in einem trostlosen Zustand. Ein Bankrott schien nur noch eine Frage von Wochen zu sein.

Die Krise bei BMW speiste sich aus mehreren Faktoren, der Hauptgrund des Desasters war die verfehle Modellpolitik. Das Unternehmen fabriziere »nur Fahrzeuge für Tagelöhner und Generaldirektoren«, beschrieb Der Spiegel etwas überspitzt die merkwürdige Angebotspalette. Für Autokäufer mit einem kleinen Budget bot die Firma die kugelige Isetta und den BMW 600 an, einen unförmigen Viersitzer, bei dem Fahrer und Beifahrer durch eine Fronttür einsteigen mussten. Den Geschmack der Wohlhabenden suchte BMW mit hochpreisigen Sechs- und Acht-Zylinder-Fahrzeugen zu treffen, deren Karosserien sich allerdings über viele Baujahre und Motorgrößen hinweg nicht voneinander unterschieden. Mit einem neuen Mercedes ließ sich daher in den fünfziger Jahren viel besser renommieren als mit dem jeweils jüngsten BMW-Modell. Was in der Produktpalette fehlte, waren schicke Automobile für die große Masse der aufsteigenden Durchschnittsverdiener, bezahlbare Mittelklassefahrzeuge für die Millionen Arbeiter und Angestellten des Wirtschaftswunders, für die ein neues Auto ein wichtiges Prestigeobjekt darstellte.

Wegen der schlechten Verkaufszahlen gab es 1958 einen Verlust von zwölf Millionen Mark, 1959 waren es fast 15 Millionen Mark. Ohne das einträgliche Geschäft mit den Motorrädern hätte es um die Traditionsfirma noch viel schlechter gestanden. Aber auch in diesem Bereich hatten sich die BMW-Manager große Absatzmöglichkeiten entgehen lassen, weil sie die Käuferwünsche lange Zeit ignorierten. Statt am Motorrollerboom der fünfziger Jahre mitzuverdienen, hatte BMW weiter schwere Motorräder produziert.

An der Unternehmensspitze von BMW agierte seit zwei Jahren glücklos der Jurist Heinrich Richter-Brohm, ein hochgewachsener und scharf gescheitelter Pfeifenraucher, dem es nicht an Selbstbewusstsein mangelte, aber an Durchsetzungskraft und an Fachkenntnis. Auf der Hauptversammlung im Dezember 1959 machten aufgebrachte Kleinaktionäre den Generaldirektor für die Misswirtschaft verantwortlich. Als Richter-Brohm den Aktionären eingestand, dass die Gesellschaft sämtliche Reserven und die Hälfte ihres Grundkapitals verloren hatte, da schallte ihm aus dem Publikum entgegen: »Pfui, Schiebung, Staatsanwalt her«.

Richter-Brohm war zwar der Generaldirektor, doch das eigentliche Sagen hatte bei BMW zu dieser Zeit die Deutsche Bank. Ihr Vorstandsmitglied Hans Feith stand an der Spitze des Aufsichtsrats von BMW. Ende der fünfziger Jahre waren die Interessen der Bank im Automobilsektor vor allem dadurch bestimmt, dass sie Großaktionärin von Daimler-Benz war. Feith selbst saß auch im Aufsichtsrat des BMW-Konkurrenten in Stuttgart. Der damit verbundene Interessenkonflikt wurde ignoriert.

Unter Feiths Ägide war in Frankfurt ein Vorschlag ausgearbeitet worden, der darauf hinauslief, die Unabhängigkeit des weißblauen Traditionsunternehmens aufzuheben und BMW an den ungleich stärkeren und kapitalkräftigeren Daimler-Benz-Konzern anzuschließen.



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